Allgemein

„ELGA“ International

Unter dem Titel „ELGA international“ lud die Wiener Ärztekammer zur Veranstaltung. Wie ist es in anderen Ländern um eine nationale eHealth Strategie bestellt? Ungefähr 50 Interessierte folgten der Einladung.

Schweiz

Den Auftakt machte Adrian Schmid, Leiter „eHealth Swiss“ mit einem klaren Statement: „Die Schweiz hat 26 Kantone, 4 Sprachen und unterschiedliche Kulturen und daher auch 26 Gesundheitssysteme“. Daher sei der Wunsche ein nationales Programm zu haben gar nicht möglich. Jeder Kanton mache seine eigenen Schritte, manche seien sehr weit, manche nutzen die IT noch gar nicht. Die digitalen Medien böten neue Freiheiten, Bürger werden zu Journalisten, Endnutzer würden gestärkt und Patienten rücken in den Mittelpunkt. Zur aktuellen Lage berichtet er: Die schweizer Versicherungskarte funktioniert ähnlich wie die österreichische eCard. 2007 wurde ein Strategieplan erarbeitet, der vorsah, bis 2015 ein ePatientendossier einzuführen. Es gäbe derzeit wohl einige Projekte wie e-toille, die gut funktionieren. Ziel sei es in Zukunft nationale Vernetzungen der einzelnen Projekte zu schaffen. Als eHealth-Ziele sieht er Spitalseffizient, Vernetzung, Dokumentaion und Übergabe sowie integrierte Versorgung und Patientensicherheit. Seine Vision: Er wage zu sagen, dass das „e“ vor den Begriffen in 20 Jahren keine Rolle mehr spielt und „e“ selbstverständlich ist.

Deutschland

Ute Taube, Vorstandsmitglied der sächsischen Landesärztekammer in Deutschland begann mit dem GKV Modernisierungsgesetz 2003 das vorsah, die elektronische Gesundheitskarte bis 2006 eingeführt zu haben. Jetzt, 2012, sei sie immer noch nicht da. Zum Gesundheitsystem in Deutschland: Über 80 Prozent der Bevölkerung ist versichert, 20 % davon sind privat versichert. Der Ausstattungsgrad der Praxen sei sehr heterogen, von Bundesland zu Bundesland verschieden. Die elektronische Abrechung mit den Versicherungen ist seit ein paar Jahren verpflichtend. Als Beispiel eines Pilotprojektes stellte sie das e-Medikationsprojekt vor. Es nahmen 25 Ärzte, 29 Apotheken und 1 Krankenhaus daran teil. In der ersten Phase wurden schon schwerwiegende Mängel festgestellt: Kartenterminals und Inkompatibilitäten zu Ordinationssoftware, Stapelsignaturen waren nicht möglich, Schwieirigkeiten zur Schnittstelle der Apothekersoftware und viele Verzögerungen. Nach Abbruch der ersten Phase musste einen Neukonzeptionierung durchgeführt werden. Der propagierte Notfalleinsatz scheiterte – Nur 5 von 144 Datensätzen konnten im Krankenhaus eingelesen werden. Weiters sei der sechsstellige Pin für Patienten eine Hürde. Ob Daten dezentral oder zentral gespeichert werden, sei derzeit in Diskussion, z.B. beim eArztbrief, wo es ebenfalls Pilotprojekte gibt.

Dänemark

Weiter ging die internationale Reise nach Dänemark, das Jens Christian Ehlers, MD, Allgemeinmediziner näher brachte. Hierzu gab es eine kurze Einführung in die digitale Kultur der Dänen. 90 % der Bevölkerung benutzen das Internet im Bereich Gesundheit in irgendeiner Form. Die nationale Gesundheitsplattform Sundhed.dk verzeichnet ca 30mio Seitenaufrufe pro Jahr (Bevölkerung: 5mio) Ein Drittel der Benutzer seien mit der Information zufrieden und jeder 5te Patient erspart sich damit einen Arztbesuch pro Jahr. Fast die Hälfte der Bevölkerung kommuniziert per Email mit dem Hausarzt. Dennoch sind ein Drittel der Patienten unsicher ob sie die vom Arzt gegebenen Information richtig verstanden haben und benutzen dann das e-journal um nachzulesen.  Eine staatliche Krankenversicherung und strikte Abgrenzung des primären und sekundären Gesundheitssektors seien Eigenschaften des dänischen Gesundheitswesens. Die Kommunikationswege seien kurz. Bürger bekommen eine staatliche Registrienummer, die Karte selbst ist aber kein Informationsträger.
Den Dänen eigen ist eine hohe Autonomie und Eigenverantwortung als Patient, ein hoher Bildungsstand und eine relativ offene Haltung personenbezogener digitaler Daten. So würde auch eine einfache Abfrage, ob man als Arzt berechtigt sei, die Daten des Patienten einzusehen ohne weitere Identifikation mit einem Klick bestätigt. Der Patient habe ohnehin die Aufzeichnung wer auf seine Daten zugegriffen habe.
Die Publikumsfrage zum Stromausfall beantwortete er so: „Dann schicken wir die Patienten wieder heim, aber das akzeptieren sie auch – wobei es in 13 Jahren nur eine halbe Stunde nicht funktioniert hat“.
Ehlers versuchte live in sein Patientenprofil einzusteigen, scheiterte aber daran, dass dieses nur von Dänemark aus verfügbar ist. Auf die Frage wie man dann im Ausland an seine Daten komme, antwortete er – man mailt dem Arzt und der druckt die Daten aus….

Österreich

Dietmar Jahnel, Univ. Prof. für Datenschutz an der Universität Salzburg versuchte einige neue Aspekte in die heimische Diskussion zu stellen. Da sich hier die Ereignisse überschlagen sei es gar nicht möglich einen aktuellen Vortrag zu halten.(-> Anmk. Redaktion: daher gibts hier auch keine Nachlese). Als roter Faden durch seinen Vortrag erwähnenswert erscheint dennoch die Formulierung „das gelindeste Mittel“, die, wie er meinte, noch nie jemand überhaupt diskutiert hätte.

Kommentar: Jedes Land versucht hier auf seine eigene Weise mit dem Thema digitale Patientendaten umzugehen. Dennoch geht mir einiges ab: Wieso kann es sein, das in Deutschland ein eMedikationsprojekt daran scheitert, dass grundlegende Funktionen gar nicht berücksichtigt sind, wie z.B. Stapelmedikation? Könnte man hier nicht vorher Ärzte in das Projektdesign einbeziehen oder zumindest eine Arbeitsprozessanalyse durchführen?  Leider ist das in Österreich auch bekannt, denn auch von der eCard  wird immer wieder berichtet, dass das System im Spital nicht funktioniere – da Multizugriffe nicht eingeplant wären.
Kommunikation zwischen IT und den Nutzern im Vorfeld wäre sicher hilfreich…
Ein weiterer Punkt ist der Zugriff aus dem Ausland, der in Dänemark wenig durchdacht ist. Klar von Vorteil ist da ein IT-kundiger, der sich einen Proxy sucht…