Am 25.4.2012, dem „Vorabend“ der geplanten Gesetzesänderung zum neuen Lobbyinggesetz in Österreich ging es um das Thema „Lobbying im Gesundheitswesen“. Eingeladen hatte der Alumni Club der MedUni Wien und ca. 30 Interessierte fanden den gut ausgezeichneten Weg ins Bauteil 88 des AKH. Teile der Zitate sind der OTS Aussendung des Alumniclubs entnommen.
Es diskutierten:
DDr. Hubert Sickinger, Uni Wien, Institut für Konfliktforschung
Mirijam Müller, Studentin, VSStÖ-Bundesvorsitzende
Dir.in Dr.in Andrea Wesenauer, Direktorin der OÖGKK
Dr. Jan Oliver Huber, Generalsekretär PHARMIG
Dr. Lukas Stärker, Stv. Kammeramtsdirektor Österreichische Ärztekammer
Feri Thierry, Präsident der Österreichischen Public Affairs Vereinigung, ÖPAV
Moderation: Mag.a Andrea Fried, freie Journalistin, medinform
Einen ersten schönen Ankündigungstweet gibt es, nur leider keinen Hashtag, die Suche nach Tweets war daher schwieriger:
Tweet: @FeriThierry: Diskutiere heute Abend ab 18.30 Uhr ua mit @HubertSickinger über „Lobbying im Gesundheitswesen“. #muw #alumni http://www.alumni-meduniwien.at/mediafiles/34/Einladung_Podiumsdiskussion_Lobbying_.pdf
Hubert Sickinger, Uni Wien, eröffnete den Abend mit einem Vortrag über die Hintergründe und geplanten Gesetzesänderungen. Da es sich hier um eine Vorrausschau handelte, betonte er gleich anfangs das es möglicherweise noch zu Gesetzesnachbesserungen vorm Beschluss kommen könne.
Lobbying und Transparenz im Gesundheitswesen – ein unüberblickbarer Gegensatz?, so sein Vortragstitel, macht gleich eines deutlich. Die Akteure im Gesundheitswesen sind vielfältig und der Bereich sehr komplex und reichen von der Verwaltung, dem Staat und Sozialversicherungsträgern, über Gesundheitsdiensteanbieter wie Spitäler, ÄrztInnen und andere Gesundheitsberufe sowie Pharma, Medtech und sonstige Zulieferer, Wissenschaft und Medien sowie Patienten.
Er stellte das neue Gesetz im Überblick vor und betonte „Im allgemeinen Sinn betreiben alle diese Interessenten Lobbying.“ Das Gesetz habe Lücken die er genauer beleuchtete: Das Gesetz sehe eine Registrierungspflicht vor, die gelte aber nur für Lobbying-Tätigkeiten in einem sehr engen Sinne, also z. B. nicht für PR-Tätigkeiten oder Astroturfing. Interessensverbände, die keine Dienstnehmer für Lobbying-Tätigkeiten beschäftigen, seien ausgenommen. Nur die entgeltliche Lobbying-Arbeit würde geregelt und nur hierfür würde es wirksame, bei Verstoß mit Sanktionen verbundene Vorschriften und Regelungen geben. Der Gesetzesentwurf sei flexibel genug, aber er sehe darin die Chance interne Verhaltensregeln neu zu definieren.
Tweet: „Gesundheitssektor als Paradebeispiel für Lobbying —@HubertSickinger über astroturfing, grassroot-Bewegungen & LobbyG. http://twitpic.com/9drfep „
Tweet: „kurz: Lobbying super/notwendig, grad in Gesundheit (Politik muss ja trotzdem mitdenken). Aber warum Kammern ausgeschlossen ist“
Tweet: „LobbyG: PR garnicht darin erfasst. Interessensvertreter (PHARMIG zB) werden nicht sanktioniert, wenn nicht registriert.~via@HubertSickinger „
Die Podiumsdiskussion startete mit Feri Thierry. Sein Statement (OTS):
„Lobbyisten gehören nicht ins Parlament, sondern in die Räume davor. Seriöse Interessenvertreter deklarieren wer ihr Auftraggeber und was ihre Intention ist. Transparenz und Wahrhaftigkeit sind zwei wesentliche Merkmale, an denen man erkannt, ob jemand korrekt Interessenvertretung betreibt. Daher sind wir auch für ein strenges Lobbying-Gesetz mit klaren Regeln“.
Er verstärkte später in der Diskussion noch die Legitimation von Lobbying mit „Jeder Mensch hat das Recht, seine Interessen zu vertreten“.
Tweet: „1000-2000 professionelle Lobbyisten, Nur 100 in Agenturen.@FeriThierry beim Retten seines Berufsstandes. #LobbyGhttp://twitpic.com/9drpy3“
Lukas Stärker fühlte sich aufgerufen, die Ausnahmeregelung für Kammern zu legitimieren und war mit dem Begriff Lobbying im Zusammenhang mit der Ärztekammer nicht einverstanden, ebenso Andrea Wiesenauer (OÖGKK).
Stärker: „Wir sind eine Interessensvertretung mit einem gesetzlichen Auftrag und klar definierten Aufgaben“.
Andrea Wesenauer : „Sozialversicherungsträger haben die Aufgabe das Geld der Beitragszahler bestmöglich zu verwalten, eine qualitativ hochwertige und am Bedarf ausgerichtete Gesundheitsversorgung sicher zu stellen und vor Lobbys mit Einzelinteressen zu schützen„. Lobbying sei zu Unrecht immer mit dem Wort Korruption behaftet, Wesenauer selbst habe strenge interne Regeln, dennoch sind die Grenzen schwierig. Zu Pharma, deren Zielgruppe sie ja ist – ja, die Pharmabranchenkultur ändere sich.
Ein Publikumskommentar dazu: „Die Wirtschaftskammer z.B. hat gesetzliche Aufgaben, daher ist es berechtigt, das Kammern nicht ins Lobbyregister aufgenommen werden“.
Gefragt zu wie viel Prozent er denn Lobbyist sei, antwortete Jan Oliver Huber, PHARMIG, mit „Weniger als Sie glauben“. Er wolle mit allen Partnern gemeinsam arbeiten und habe kein Problem damit Interessensvertreter und Lobbyist für seine Mitglieder zu sein. „Wir haben sehr strenge Regelungen und seit 1970 einen Verhaltenscodex, der beispielgebend ist.“ Die Wirtschaftskammer sei in einer schwierigen Position, einerseits vertrete sie ihre Mitglieder, andererseits treten sie im Sozialversicherungsbereich auch auf der anderen Seite des Verhandlungstisches, gegen ihre Mitglieder auf. Dennoch sei es kein Argument, nur weil Kammern einen gesetzlichen Auftrag erfüllen, dass sie vom Lobbyregister ausgenommen werden oder dass sie dadurch kein Lobbying betreiben würden.
Mirijam Müller, Medizinstudentin, VSSTÖ-Bundesvorsitzende komme bei Veranstaltungen mit Lobbying in Berührung. Auch sie begrüße ein strenges Lobbying-Gesetz und hoffe, dass es dadurch in ihrer Zukunft als Ärztin „klarere Fronten und mehr Transparenz gibt“.
Einige Stichworte, die in der Diskussion noch gefallen sind:
- Patienten haben die schwächste Lobby
- Definierung der Grenzen Lobbying und Korruption
- Ethische Komponente
Kommentartweets:
„@HubertSickinger @FeriThierry Super Podium, gute Diskussion! Der Stärker hat leider schwach gewirkt…“
Freut mich. Mir hat’s auch Spaß gemacht.
„etwas viel Lobbying und eher wenig Gesundheitssektor im speziellen im Gespräch. Aber spannendspannend!“
„gewissermaßen: ja. Also nicht, dass ich was sinnvolles aus dem Eck bermutet hab, aber wenigstens etwas“
yep! Das Podium heute war ziemlich top eigentlich. Hoff, es gibt bald wieder sowas
wird das aufgezeichnet?
hab meine Notizen originellerweise auf Papier gemacht und nicht hier…
leider nicht. Komm noch her, wenn in d Nähe – Spitalg 23, Bauteil 88. Vllt schreibt wer drüber.
war leider nicht in der nähe! hoffe auf nachberichterstattung, möglichst detailiert 😉
Fotocredit Artikelbild: Roman Picher